Wald statt Plan - Natur macht (trotzdem) ihr Ding
Ep. 07

Wald statt Plan - Natur macht (trotzdem) ihr Ding

Episode description

In dieser Folge der Hängematten-Perspektive geht es einmal mehr um das stille Wunder der Regeneration.

Ich nehme dich mit unter eine alte Buche und spreche über einen Wald, der vom Borkenkäfer gezeichnet wurde – und darüber, was nach dem Kahlschlag wächst.

Wie immer ist die Folge ungeschnitten und direkt aus der Natur – mit Vogelstimmen, gelegentlichem Windrauschen und dem, was mich im Moment bewegt.

Du erfährst, warum das Entfernen von Fichten möglicherweise nicht den gewünschten Effekt hatte, was das mit Klimawandel, Monokultur und dem Forschungsprojekt Pyrophob zu tun hat – und warum gerade das scheinbar Unaufgeräumte so viel Hoffnung macht.

Zwischen abgestorbenen Nadelbäumen wachsen Ahorn, Kirsche, Holunder und Ginster. Zwischen alten Baumkronen entsteht neues Leben. Der Wald zeigt: Nicht alles braucht unseren Eingriff – manchmal braucht es nur Zeit, Schatten und Vertrauen.

Wenn du dir eine kleine Auszeit für den Kopf gönnen willst, bist du hier richtig.

🎧 Jetzt reinhören, zurücklehnen und auftanken.

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Ein wunderschönes Hallo und Willkommen zu einer neuen

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Hängemattenperspektive.

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Ich sitze gerade unter einer Buche, einer zweistämmigen

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Buche, zumindest sieht es so aus, als ob

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sie zwei Stämme hat.

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Die reckt sich hoch in den Himmel, die

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Blätter sind schon kräftig grün und um mich

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herum sind lauter hohe Bäume.

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Ich sehe Eichen, Birken, Fichten, Lärchen

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und es ist gerade ein wunderschönes Licht, es

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ist kein einziges Wirkchen am Himmel und es

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ist noch Vormittagssonne, ein ganz weiches, goldenes Licht.

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Ich sitze hier an dieser Buche und lehne

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mich an und über mir wanken die

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Baumkronen ein kleines bisschen im Wind.

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Es kommt immer mal so eine Brise und

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dann rauscht das und glitzert und glänzt.

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Ich persönlich finde das einfach wunderschön und erstrebenswert

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und erhaltenswert.

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Gleichzeitig sehe ich hier auch, dass ich hier

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auf einer großen, von Menschen geschaffenen Schneise sitze.

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Hier zwischen diesen Laubbäumen, zwischen den Eichen und

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Buchen, haben früher Fichten gestanden.

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Fichten, die der Brockenkäfer aufgefressen hat, würde ich

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sagen.

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Und für diesen Wald hat der Mensch entschieden,

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die Fichten müssen weg, damit sie keine anderen

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Fichten anstecken.

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Und das hat nicht funktioniert einerseits und war

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andererseits wahrscheinlich auch total nutzlos.

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Woran mache ich das fest?

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Hier steht noch, wenn ich mich umgucke, eine

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Fichte steht noch.

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So eine lebende Fichte sehe ich jetzt hier

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in meinem ganzen Blickfeld, sehe ich noch eine

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lebende Fichte.

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Und rundherum sehe ich eben Schneisen, eine Fichte

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und dann geht das Ganze in ein paar

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Lärchen über.

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Und das ist alles hier gefällt worden und

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entnommen worden, alle Bäume, die befallen waren.

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Und dann hat man die paar gesunden Bäume

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stehen lassen, damit sich der Brockenkäfer nicht ausbreitet

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und andere Bäume befällt.

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Und das hat aber ganz offensichtlich nicht funktioniert,

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weil hier stehen halt auch noch ganz viele

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Bäume.

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Also Fichten, ehemalige Fichten, wo die Rinde auch

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so ganz abgefallen ist, was auch typisch ist

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für diesen Brockenkäferbefall.

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Das heißt, das Fällen der befallenen Bäume hat

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nicht ausgereicht.

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Die anderen Bäume sind trotzdem aufgefressen worden.

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Der Plan ist also dahingehend schon mal nicht

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aufgegangen.

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Und der zweite Grund, warum ich glaube, und

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da müsste man jetzt natürlich den Forstwissenschaftlern mal

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fragen, wie weit sich die Brockenkäfer überhaupt bewegen

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können, um neue Eier abzulegen.

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Also wie weit sie sich von dem Bestand

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entfernen können.

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Hier gibt es eigentlich keine großen anderen Bestände

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und es ist alles zur gleichen Zeit gefällt

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worden hier.

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Das heißt, es war eigentlich alles schon aufgefressen.

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Und da war gar nichts mehr da, was

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noch befallen werden könnte.

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Und der dritte Grund, warum ich das eigentlich

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ein bisschen sinnlos finde, das ist, weil die

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Fichte hier in unserem Breiten eigentlich gar nicht

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heimisch ist.

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Auch wenn wir ganz viele Fichtenwälder haben.

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Aber für die Fichte ist es hier eigentlich

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schon immer ein bisschen zu warm.

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Und jetzt mit dem Einsatz des Kleberwandels wird

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es immer mehr zu warm für die Fichte.

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Das heißt, dieser Bestand an Fichten, der hier

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ist, Brockenkäfer hin, Brockenkäfer her, wird höchstwahrscheinlich sowieso

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in den nächsten Jahren absterben.

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Und wenn ich mir jetzt zum Beispiel die

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Forschungsergebnisse von Projekt Pyrophor auch anschaue.

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Das ist ein Forschungsprojekt, das über drei oder

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fünf Jahre in Brandenburg Leitbrandflächen untersucht hat.

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Was es für diese Flächen bedeutet, wenn man

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sie kahlschlägt, wenn man sie pflügt, wenn man

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sie einfach so stehen lässt.

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Wenn ich mir das angucke und das jetzt

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einfach mal auf diesen Brockenkäferbefall hier übertrage, dann

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hätte einfach stehen lassen wahrscheinlich den meisten ökologischen

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Nutzen gehabt.

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Hätte die meisten Nährstoffe, Rohstoffe, alles hier im

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Wald belassen, damit hier gut wieder was wachsen

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kann.

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Aber das hat Mensch nun mal nicht getan.

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Weil Mensch entschieden hat, ich weiß es besser.

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Und daraus ist trotzdem was ganz, ganz Wundervolles

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entstanden.

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Die Nadelbäume sind alle gefällt worden.

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Die wenigen, die man hat stehen lassen, sind

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auch noch gestorben.

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Und wenn ich so richtig sehe, es ist

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auch relativ viel Kleinholz, so dünne Bäume liegen

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gelassen worden, die nicht verwertet werden konnten.

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Was auch einfach mal eine gute Sache ist.

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Ich habe ja vorhin beschrieben, wie es oben

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aussieht.

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Diese großen ausladenden Baumkronen von Buchen, von Eichen.

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Und wenn ich jetzt weiter nach unten gucke,

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dann sehe ich hier unten ganz viel dichten

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Bewuchs.

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Das ist keine tote Fläche.

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Und ich glaube, das große Glück dieser Flächen

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ist, dass hier eben die Monokulturen oder diese

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Fichtenpflanzung zwischen Laubbäumen lagen.

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Und es im Prinzip nur so kleine Schneisen,

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relativ kleine Flächen sind.

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Und das ist, glaube ich, das Glück, weil

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dadurch sehr viel Schatten draufkommt, dass Mikroklima im

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Boden relativ gut ist.

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Und dadurch sich hier wieder ganz unterschiedliche Habitate

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haben bilden können.

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Und wenn ich mich jetzt hier umgucke, was

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ich so in der Strauchschicht sehe, also so

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Bäume bis drei Meter Höhe, Gehölze bis drei

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Meter Höhe.

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Ich sehe ganz vielen Ahorn.

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Das ist Bergahorn, wenn ich mich nicht irre.

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Der hier kommt, ich sehe Kirschen, also wahrscheinlich

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Vogelkirschen.

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Ich sehe auch Buchen, die dazwischen hochkommen.

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Ich sehe Holunder.

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Ich weiß, da bin ich gerade lang gekommen.

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Eine Fläche, die ist auch ganz überwuchert mit

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Schlehen, Holunder und Ginster.

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Der blüht gerade wunderbar gelb.

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Ist gerade eine wunderbare Zeit, da lang zu

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gehen.

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Ist so herrlich.

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Und ich schaue hier nach oben und ich

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sehe diese saftigen, grünen Baumkronen.

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Dazwischen abgestorbene Nadelbäume und ein paar Birken, die

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abgestorben sind.

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Und unten diese dicke Vegetationsschicht, wo das Leben

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einfach wiederkommt.

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Und ich finde das so wunderbar.

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Das ist wieder so ein wunderbares Beispiel für

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die Regenerativität der Natur.

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Dass ich jetzt hier einfach kurz anhalten musste

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und das als kurze Podcast-Folge aufzeichnen wollte.

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Das Vogelgezwitscher, der Wind in den Blättern, das

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Licht.

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Das hat irgendwie was unglaublich Erhabenes.

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Daran wollte ich euch gerne teilhaben lassen und

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hoffe, dass euch auch solche Folgen gut gefallen.

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Es werden auch wieder andere Folgen kommen, wo

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ich mich mit gesellschaftlichen oder businesstechnischen Themen

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auseinandersetze.

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Wo heute einfach mal nur ich bin hier

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und wie ist es hier und was sind

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meine Gedanken dabei.

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Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit, für eure

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Geduld und wünsche euch eine wunderbare Zeit.