Willkommen zurück zur Hängemattenperspektive.
Ich bin heute an einem Platz, der für
mich persönlich eine besondere Bedeutung hat.
Es ist ein Waldstück hier in der
Nähe, wo ich wohne.
Und es ist für mich ein besonderer Platz,
weil ich hier vor ungefähr zwei Jahren, als
ich wieder angefangen habe, regelmäßig in die Natur
zu gehen und ganz bewusst und gezielt in
der Natur zu sein und mit der Natur
zu sein, mich wieder als Teil der Natur
zu fühlen, und das ist ein Platz, wo
ich damals ganz häufig vorbeigekommen bin, wenn ich
ein bisschen längere Spaziergänge gemacht habe.
Da kam ich hier immer vorbei und habe
mich hier hingesetzt unter eine große Kiefer und
habe eine kleine Pause gemacht, habe was gegessen,
was getrunken und einfach so ein bisschen die
Umgebung auf mich wirken lassen.
Und dann ist allerdings was passiert, nämlich dann
kam der Forst hier durch, und ich habe
es ja nicht gewusst, ich weiß ja nicht,
wo die hier so Waldarbeiten machen, und dann
kam ich jedenfalls mal wieder auf den Spaziergang
hier und damals habe ich hier echt im
Wald gesessen und ich habe geheult und habe
mir gesagt, hier komme ich nie wieder her,
weil es für mich in dem Moment so
furchtbar und so schmerzhaft war, zu sehen, wie
viele von den Bäumen hier weggesägt worden waren,
wie der Weg, den ich lang gegangen bin,
ganz tiefe Spuren von den Bulldozern und Waldmaschinen
hatte, mit denen hier durchgefahren wurde.
Und da stand halt irgendwo auch noch so
ein Baggerding rum.
Ich war einfach unendlich traurig und unendlich wütend.
Ich habe damals wirklich gesagt, ich gehe hier
nie wieder her, das wird nie wieder mein
schöner Waldpausenort werden.
Und wahrscheinlich würden viele Menschen, die jetzt hier
vorbeikommen oder die jetzt hier an diesen Ort
kommen und sich das angucken, die würden sagen,
so ein Nutzwald, so ein Forst ist jetzt
nicht gerade hübsch.
Ich höre halt im Hintergrund leise auch eine
Straße rauschen.
Ich finde diesen Ort wunderschön und ich komme
hier wieder regelmäßig her.
Ich komme hierher, weil ich super neugierig bin,
neugierig zu erfahren, was sich verändert hat, was
sich verändert hat, ohne dass der Mensch Einfluss
nimmt.
Und ich bin immer noch unglaublich erstaunt.
Vor anderthalb Jahren waren hier Waldarbeiten und es
sah hier wirklich aus wie ein Schlachtfeld.
Der Boden war aufgerissen, es war alles zerfahren
und man hat förmlich die Motorsägen noch klingen
hören.
Und jetzt zwitschern hier einfach die Vögel.
Es ist gerade eine wunderschöne Abendstimmung und ich
sitze auf einem von diesen Baumstümpfen, die vor
anderthalb Jahren gefällt worden waren.
Er ist ja nun mal da.
Ich kann es nicht ändern, das ist der
erste Teil, den ich hier an diesem Ort
gelernt habe.
Ich bin natürlich wieder hier langgegangen.
Irgendwann bin ich, da habe ich einfach diesen
Weg eingeschlagen, bin hier vorbeigekommen.
Und in dem Moment habe ich dann letztes
Jahr, das war letztes Jahr im Herbst, irgendwann
habe ich schon gedacht, boah, es hat sich
ja ganz schön verändert.
Es sieht gar nicht mehr so schlimm aus.
Die schlimmsten Reifenspuren waren weg und es sieht
jetzt halt hier aus wie auf einem Platz,
wo Holz gemacht wurde.
Es liegt ganz viel Kleinholz, das Geäst liegt
rum und es ist halt sehr licht, weil
es ist halt kein geschlossenes Kronendach mehr.
Es ist eine tiefere Plantage, von daher ein
richtig geschlossenes Kronendach gab es hier jetzt sowieso
nicht.
Aber es ist sehr licht geworden an der
Stelle und es schafft aber eben auch Chancen.
Ich finde es halt im Moment total spannend,
hier immer wieder mal herzukommen.
Ich kann mich hier auch wieder fallen lassen,
hänge hier auch regelmäßig meine Hängematte hin und
genieße einfach so ein bisschen, wie sich der
Ort hier verändert und mit Sicherheit früher oder
später auch erholen wird.
Im Moment sieht es hier, ja es ist
halt sehr trocken, obwohl es in den letzten
Tagen immer mal geregnet hat.
Das ist nicht ungewöhnlich eigentlich.
Ja, der Boden war vor den Waldarbeiten komplett
bemoßt, ganz weich, ganz grün.
Davon ist jetzt hier nicht mehr so viel
zu sehen.
Das merkt man einfach, wo jetzt nicht Stellen
sind, wo regelmäßig Schatten sind, ist das Moos
inzwischen auch verschwunden.
Da hat sich der Boden verändert.
Dafür sind halt an vielen Stellen Gräser rausgekommen.
Ja, so kleine Süßgräser, so ganz feine, zarte,
sind jetzt an vielen Stellen rausgekommen.
Der Fingerhut gedeiht jetzt hier wunderbar.
Der liebt solche Stellen, wo es trocken ist,
wo so ein lockerer Boden ist, mit Nadelhumus,
wo viel Licht hinkommt.
Ist eigentlich ja eher eine typische Wald-Rand
-Pflanze, würde ich jetzt mal sagen.
Hier wächst sie jetzt eben mitten im Wald.
Allgemein kann man den Fingerhut im Wald sehr
oft an solchen Einschlagflächen finden, an Rückegassen findet
man ihn auch sehr häufig.
Einfach weil er da die Bodenbedingungen findet, die
Lichtbedingungen findet, die er braucht.
Und ja, ich muss ehrlich sagen, er sieht
echt schön aus, auch wenn er natürlich eigentlich
nicht in den Wald reingehört.
Aber es sieht echt schön aus, wenn er
jetzt so im Juni blüht und dann hat
man diese langen Blütenstände mit den lilanen, da
ist auch ein weißer mal dabei.
Sieht echt schön aus, das sind so wunderschöne
Farbtöpfe hier einfach auch in der Landschaft.
Und auch sonst wächst hier halt eine ganze
Menge.
Gras hatte ich schon genannt, Fingerhut, die Blaubeeren,
denen scheint es ganz gut zu gefallen, dass
ein bisschen mehr Licht da ist, weiß ich
gar nicht.
Doch, die scheinen sich jetzt hier auch ordentlich
auszubreiten, wenn ich mich umschaue.
Ich sehe ganz viele kleine Bäume, kleine Fichten,
kleine Kiefern, aber auch kleine Birken, Eschen, Buchen,
da drüben ist noch eine Eiche, die kommt,
da ist noch eine.
Ja, es ist alles das, was hier eben
drumherum in den angrenzenden Waldstücken wächst.
Und das kommt hier eben, man merkt halt
auch nur so gerade die schnell wachsenden Arten
wie die Esche, die kommt hoch und es
ist echt schön.
Es ist wieder echt schön hier zu sitzen
und ich bin sehr glücklich eigentlich, dass ich
es nicht wahrgemacht habe und nicht gesagt habe,
ich gehe hier nie wieder lang, sondern dass
ich hier wieder zurückgekommen bin und immer wieder
hierher komme, um zu sehen, wie sich der
Wald auch positiv verändert.
Und das kann ich euch einfach auch nur
empfehlen.
Also betrachtet den Wald, auch wenn es ein
Nutzwald ist, nicht immer nur als vom Menschen
gemacht, sondern es ist trotzdem auch noch ein
Biotop, es ist ein Ökosystem, es ist mit
Sicherheit keine Urwelt, es ist mit Sicherheit keine
Wildnis, aber sie kann jederzeit wieder zu einer
wunderschönen Wildnis werden.
Jetzt fängt es gerade an zu regnen, jetzt
muss ich mir mal noch ein separates Plätzchen
fürs Schlusswort suchen.
Ich habe mir jetzt noch mal ein kleines
anderes Plätzchen gesucht, bin geflüchtet nicht, so doll
regnet es eigentlich nicht, aber ich habe jetzt
irgendwie keine Lust mit dem Aufnahmeequipment im Niedelregen
zu sitzen, deshalb bin ich einfach 20 Meter
gegangen, da steht eine etwas größere Buche, die
ist auch noch nicht super alt, aber hat
ein schönes dichtes Blätterdach, da kommt gerade kein
Wasser durch.
Die Vögel hatten es jetzt auch überhaupt nicht
interessiert, dass es angefangen hat zu regnen.
Ich bin gerade irgendwie, ich will gerade nicht
nass werden.
Worauf wollte ich noch hinaus?
Es gibt manchmal Situationen, wo der Mensch Natur
ganz massiv zerstört und das ist eine absolute
Katastrophe und das ist unendlich traurig.
Also ich denke jetzt einfach an tropische Regenwälder,
die großflächig abgeholzt werden oder auch Wälder in
unseren Regionen, die einfach so kahl geschlagen werden,
weil halt irgendjemand meint, oh ja cool, da
kann ich ein bisschen Geld mitmachen oder da
stelle ich wieder irgendwas hin oder da muss
eine Ackerfläche hin.
Davon rede ich jetzt definitiv nicht, aber einfach
noch mal zusammenzufassen, dieser Ort hier hat mich
gelehrt, dass Natur nicht automatisch mit dem Auftreten
des Menschen endet.
Wenn der Forstarbeiter kommt, heißt das nicht, dass
die Natur komplett verschwindet, sondern dass sie sich
verändert.
Das ist wieder dieses Thema.
Ich hatte das in einem anderen Podcast eben
schon mal.
Der Mensch ist eben einfach nur eine Störung
und ich kann euch einfach nur einladen, seht
in der Natur etwas grundsätzlich Schönes und konzentriert
euch auf dieses Schöne, auf diese Kraft, auf
diesen Lebenswillen, auf diese positive Veränderung, zu der
die Natur möglich macht, zu der die Natur
eine Lage ist und seht diese Schönheit.
Seht nicht den Harvester, seht nicht den Waldarbeiter
als Feind, sondern seht einfach die Natur, glaubt
an die Natur und schaut auf das Schöne,
das was für euch schön ist und behaltet
das im Herzen, behaltet das auch in eurem
Kopf, weil das ist der Teil, der euch
gut tut, gegen die Waldarbeiter kann man eh
nur sehr bedingt was tun und die können
am Ende auch nichts dafür, sind auch nur
Menschen, die ihren Job machen.
Ich bleibe jetzt hier noch sitzen, ich höre
mir noch die Vögel an und euch wünsche
ich eine gute Zeit.
Geht raus in die Natur und sucht durch
euren Naturlieblingsort, egal wo er ist.
Es ist wunderbar, ob das in einem Park
ist, ob das eine Wiese ist, ob das
in einem Wald ist, sucht euch einen Naturlieblingsort,
den ihr regelmäßig aufsuchen könnt und an dem
ihr die Natur beobachten könnt, wie sie sich
verändert, wie sie da ist und geht da
regelmäßig hin.
Das wünsche ich euch und ich wünsche euch,
dass ihr so einen Ort findet.
Bis dahin, macht's gut, bis bald aus dem
Wald.