Regenerativ denken -  Vom Umgang mit Störungen
Ep. 04

Regenerativ denken - Vom Umgang mit Störungen

Episode description

Ich nehme dich diesmal mit an einen Ort, an dem die Natur zeigt, wie sie mit Störungen umgeht – und was wir davon lernen können. Es geht um das Spannungsfeld zwischen Eingriff und Erneuerung, oder anders gesagt: um die Kunst, regenerativ zu denken.

Ich nehme dich mit auf einen Spaziergang an den Rand eines kleinen Biotops – eine verwilderte Kiesgrube, die sich die Natur nicht ganz ungestört zurückerobert. Gerade im letzten Winter hat hier Mensch kräftig umgestaltet und die Natur? Sie regeneriert!

Aus dieser Beobachtung heraus spreche ich über Störungen in natürlichen und menschlichen Systemen, über die Fähigkeit zur Regeneration und darüber, was es braucht, damit Systeme – ob Wald oder Team – sich wieder stabilisieren können.

Ungeschnitten, direkt aus der Natur – begleitet von Vogelstimmen, Frühlingsregen und dem, was mich in diesem Moment bewegt.

Wenn du dir eine kleine Auszeit für den Kopf gönnen willst, bist du hier richtig.

🎵 Key Learnings dieser Folge:

Regeneration braucht Raum und Zeit: Wie in der Natur kann auch in menschlichen Systemen Heilung nicht erzwungen werden – sie braucht Bedingungen, unter denen neue Stabilität entstehen darf.

Störungen sind nicht das Ende – sondern der Anfang von etwas Neuem: Systeme sind darauf ausgelegt, auf Störungen zu reagieren. Entscheidend ist die Resilienz, nicht die perfekte Ausgangslage.

Nicht alles, was nachhaltig wirkt, ist regenerativ: “Nachwachsend” heißt nicht automatisch ökologisch sinnvoll – der Zeithorizont und Systemzusammenhang müssen mitgedacht werden.

Die Natur als Spiegel für unser Leben: Wie ein Biotop sich selbst regeneriert, kann uns helfen, auch berufliche oder persönliche Krisen neu zu sehen.

Regeneratives Denken beginnt mit Bewusstheit: Nicht alles kontrollieren, sondern achtsam wahrnehmen, was das System gerade braucht.

🎿 Jetzt reinhören, zurücklehnen und auftanken.


Gab es einen Moment, der hängen geblieben ist – oder eine Frage, die nachhallt? Ich freue mich über deine Rückmeldung, egal ob lang oder kurz.

Du kannst mir schreiben:

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💼 oder über LinkedIn

Ich lese mit – und ich antworte.

Vielleicht entsteht daraus ja ein kleiner Waldpfad von Gedanken.

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0:55

(Transcribed by TurboScribe.ai. Go Unlimited to remove this message.) Hallo und willkommen zu einer neuen Hängemattenperspektive.

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Ich bin Hanyo und das ist mein kleiner

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Podcast für allerlei Themen aus der Natur oder

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auch anders gesagt mit dem Blick aus der

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Natur.

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Ich versuche hier in meinen Podcasts einfach so

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ein bisschen Gedanken auszuspeichern.

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Das ist alles ungeschnitten und unpoliert, was ihr

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hier bekommt.

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Und heute drehen sich meine Gedanken um so

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ein bisschen den Begriff Nachhaltigkeit.

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Dann geht es gerade ein bisschen um Nachhaltigkeit

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und genauer um die Frage, was ist eigentlich

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regenerativ?

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Und was heißt es eigentlich, wenn man sagt

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ein Wald, ich nehme jetzt einfach den Wald

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mal als Beispiel für ein Ökosystem, dass ein

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Wald ein nachwachsendes, ein regeneratives Ökosystem ist.

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Und das führt mich irgendwie, nicht das führt

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mich dahin, sondern wie komme ich dahin?

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Ich komme so ein bisschen so von der

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Frage, wie viel dürfen wir Menschen uns eigentlich

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aus der Natur rausnehmen?

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Vielleicht ein bisschen der Gedanke, warum mache ich

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das und wo mache ich gerade diese Aufnahme?

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Ich habe hier direkt um die Ecke, wo

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ich wohne, gibt es eine alte Kiesgrube, war

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das.

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Erst war es eine Kiesgrube, dann war es

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eine Motocrossstrecke zwischendurch und dann ist das zugewachsen.

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Das ist jetzt eher so eine Schutthalde, da

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wird ab und zu mal wieder Schutt abgelagert.

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Ganz komisch, keine Ahnung, es ist, soweit ich

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weiß, ein Privatbesitz.

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Und hier gibt es eine ziemlich große Wiese,

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auf die gucke ich jetzt hier gerade.

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Und da wurde im letzten Winter ganz viel

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gearbeitet.

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Was heißt ganz viel gearbeitet?

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Da kamen irgendwie in total zufälligen Zeitabständen hier

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Leute rein, haben wirklich stümperhaft mit Motorsensen ganze

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Hecken und Büsche weggehackt, kleine Bäume gefällt, die

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lagen dann eine Weile rum und dann kam

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irgendwann einer mit dem Schredder und hat die

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kleinen Äste geschreddert und die großen Äste wurden

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mit dem Hänger abgeholt.

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Süddeutschland hat hier aus einer zugewachsenen, richtig schönen

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Heckenlandschaft eine große Wiese gemacht, auf der jetzt

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die Natur direkt wieder zurückkommt.

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Das auf jeden Fall, das sieht man auf

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jeden Fall.

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Also die Natur lässt sich jetzt von dieser

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Störung, die der Mensch jetzt hier in diesem

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entstandenen kleinen Ökosystem, Biotop, ja ich nenne es

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mal Biotop, verursacht hat, also diese Störung, die

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der Mensch verursacht hat hier in dem Biotop,

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die fängt die Natur sofort an wieder zu

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kompensieren.

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Also es wachsen wieder kleine Pflanzen aus dem

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Boden, die Pflanzen die stehen geblieben sind, bekommen

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wieder ihre Blätter, die wachsen stärker.

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Ich sage es einfach mal so, das Ökosystem

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sagt sich sofort, oh hier war eine Störung,

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hier hat sich was verändert, damit müssen wir

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irgendwas anfangen.

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Und natürlich dadurch, dass jetzt hier viele kleine

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Bäume weg sind, viele Hecken weg sind, haben

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jetzt wieder neue Triebe, neue Sprossen, neue Pflanzen,

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wieder die Chance nach oben zu wachsen.

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Das ist, glaube ich, erstmal das Positive, was

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ich hier sehe.

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Also einerseits könnte ich mich jetzt auf die

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Zerstörung fokussieren.

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Die Mensch hier ohne für mich erkennlichen Grund

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angerichtet hat, außer vielleicht um Feuerholz zu machen.

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Aber gerade jetzt so Frühling, ihr hört es

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ja trotzdem im Hintergrund, die Vögel zwitschern.

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Und wie ich es eben beschrieben habe, hier

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wächst es überall.

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Direkt neben mir wächst eine kleine Hakebutte, da

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wächst noch eine Schlehe.

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Und auch die Hartriegel, die sich hier angesiedelt

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haben, die wachsen alle wieder hoch.

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Hartriegel kennt ihr vielleicht auch so aus Parks

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oder Weitrandecken.

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Die bekommen oftmals so ganz rotes Holz, also

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völlig natürlich, völlig in Ordnung, völlig gesund.

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Aber die haben so ein schönes rotes Holz,

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was die austreiben.

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Das ist es eigentlich.

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Es ist jetzt hier im Moment grün, wir

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haben jetzt noch keinen Sommer mit super viel

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Sonnenschein.

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Ich denke, im Sommer wird viel verbrennen.

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Aber das Ökosystem kommt erstmal zurück und das

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nimmt die Chance wahr.

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Ja, da sind jetzt große Pflanzen weg, müssen

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halt kleine Pflanzen wieder nachwachsen.

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Ich bin mir sicher, in fünf Jahren sieht

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es hier wieder so aus wie vorher.

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Wenn nicht weiter gemotorsetzt wird.

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Und das bringt mich so ein bisschen zur

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Frage, was sind wir Menschen eigentlich für die

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Natur?

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Wir sind für die Natur, einerseits sind wir

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nur ein Teil der Natur, wir sind ein

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Bestandteil davon, wir nehmen, wir geben.

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Und andererseits greifen wir eben in das Ökosystem

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ein und verursachen Störung.

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Ein System ist für mich immer ein geschlossener

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Kreislauf.

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Ein geschlossener Kreislauf, in dem bestimmte Regeln gelten,

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in dem bestimmte Bedingungen herrschen.

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Und auf Basis von diesen Bedingungen müssen sich

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Regeln.

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Und das Ganze hat eben im Rahmen dieses

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Systems eigentlich nur ein Ziel, nämlich eine Stabilität

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zu erreichen.

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Das gilt jetzt für so ein kleines Biotop

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wie hier, das gilt für den Wald.

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Das gilt aber genauso für ein Team oder

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für eine Gesellschaft oder für eine Familie.

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Das sind alles kleine Systeme mit ihren eigenen

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Regeln, die eigentlich normalerweise darauf ausgerichtet sind, eine

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Stabilität und eine Sicherheit herzustellen.

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Und wenn es da eben eine Störung gibt,

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dann reagiert das System darauf.

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Dann funktionieren halt unter Umständen die Regeln nicht

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mehr, die das System aufgestellt hat.

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Und jetzt kommt die ganz große Frage, wie

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resilient ist das System eigentlich?

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Resilienz in dem Moment bedeutet, wie gut kann

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das System mit Störungen umgehen?

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Wie gut ist das System mit seinen bestehenden

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Regeln aufgestellt, um mit Veränderungen umzugehen?

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Und wie flexibel ist das System gleichzeitig aber

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auch, seine Regeln anzupassen an die Veränderung?

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Weil ein verändertes System, in dem es eine

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größere Störung gibt, muss sich anpassen.

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Wenn ich das jetzt mal, ich komme ja

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aus der Softwareentwicklung, habe viel mit Softwareentwicklungsteams

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gearbeitet, wenn da halt aus einem kleinen Team

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plötzlich der erfahrenste Entwickler rausgeht, dann kann das

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eine ganz massive Störung sein.

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Dann funktioniert das System erstmal nicht mehr, weil

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da ist Wissen verloren gegangen, da gingen auch

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Softskills dieser Person verloren, also die Rolle, die

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die Person eingenommen hat im System.

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Und da ist eine ganz massive Störung.

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Und ein Biotopsystem wie hier, ist jetzt meine

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Vermutung, es kommt darauf an, wie groß die

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Störung ist.

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Wie viel wird hier zerstört?

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Wie viel bleibt bestehen?

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Und die Frage eben, wie viel bestehen bleibt

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und wie viel da bleibt, führt dann eigentlich

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im Ergebnis dazu, wird das System sich regenerieren?

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Wird es seine Regeln anpassen?

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Ist seine Fähigkeit, sich zu regenerieren, wieder hoch

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zu wachsen, sich wieder zu stabilisieren, groß genug?

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Und das ist Resilienz.

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Und das führt mich eben so ein bisschen

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zu der Frage, was wir als menschliche Gesellschaft

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an der Stelle tun, wie wir eben auf

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Ökosysteme, auf Biotope einwirken.

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Und ich glaube, da machen wir uns als

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Menschen manchmal viel zu wenig Gedanken.

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So ein Beispiel, in dem ich das vielleicht

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mal ein bisschen erklären mag, ist der Gedanke

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mit Holz heizen.

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Wir haben bei uns in unserer Pixiebuchsammlung so

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ein kleines Pixiebuch vom Bauer Hubert oder so.

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Das ist ein Werbebüchlein von irgendeinem Holzverband.

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Und das Buch erklärt im Wesentlichen, das Holz

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ist ja ein regenerativer Werkstoff.

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Öl geht irgendwann zur Neige, das gibt es

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irgendwann nicht mehr.

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Logisch, fossiler Energieträger.

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Das dauert ein paar Millionen Jahre, bis der

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sich wieder aufgefüllt hat.

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Dementsprechend, das wissen wir alle, dass uns die

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fossilen Energieträger einerseits verloren gehen und uns andererseits

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unser Klima kaputt machen.

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Durch das viele CO2, was sie ausstoßen.

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Und das Buch ist jetzt ein paar Jahre

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alt schon.

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Das hat man, glaube ich, schon bei unseren

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großen Kindern, die jetzt 13 sind.

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Ist also schon ein paar Jährchen alt und

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in dem Buch wird im Prinzip erklärt, fossiler

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Energieträger, oh mein Gott, gar nicht gut.

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Aber dieser Bauer Hubert, der ist halt total

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clever.

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Der heizt mit Holz, der geht immer in

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seinen Wald und sägt sich da ein paar

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Bäume um für den Winter und lagert sich

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das ein und heizt damit seinen Wohnstuhl.

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Klingt jetzt erstmal nicht komplett unsinnig, weil Holz

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wächst ja wieder nach.

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Die Bäume wachsen jedes Jahr.

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Wenn ich einen Baum gefällt habe, kann ich

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wieder einen Baum daneben stellen.

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Und ich habe das mal im Vorfeld von

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dem Podcast hier mal so ein kleines bisschen

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durchgespielt gehabt für mich.

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Was würde denn das heißen, wenn ich jetzt,

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abgesehen davon, dass es technisch nicht so ohne

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weiteres geht, was würde denn das eigentlich heißen,

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wenn ich unser Haus mit Holz beheizen würde?

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Also wenn ich die Gasterme, die im Moment

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drin ist, die funktioniert noch wunderbar, wenn ich

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die jetzt rausschmeißen würde und statt da eine

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Wärmepumpe einzubauen, einen Holzerskessel reinmache, was müsste ich

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denn verheizen?

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Also unter idealen Bedingungen, also wirklich ideale Bedingungen,

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würde das heißen, dass ich so ungefähr fünf

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Kubikmeter Holz im Jahr verfeuern würde, um unser

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Haus warm zu bekommen.

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Und dann habe ich mir so die Frage

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gestellt, naja, wie lange wird es denn jetzt

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eigentlich?

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Was bedeutet das, was sind fünf Kubikmeter Holz?

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Fünf Kubikmeter Holz entspricht ungefähr drei ausgewachsenen Fichten.

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Könnt ihr euch sicherlich vorstellen, wenn ihr mal

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im Wald seid und euch mal so eine

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große ausgewachsene Fichte anguckt, so eine Fichte, bis

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die schlagreif ist, bis die ausgewachsen ist, wächst

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die 60, 80, 90 Jahre.

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Und in der Zeit bindet die eine ganze

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Menge Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid, was aus

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der Atmosphäre zieht.

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Dann habe ich das mal so ein bisschen

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durchrechnen lassen, naja, wie lange würde es denn

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dauern, bis sich das Kohlendioxid, was sich jetzt

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in die Erdatmosphäre entlässt, also da schwenke ich

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mich jetzt erstmal nur auf diesen Kohlendioxid-Aspekt

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mal wieder, wie lange würde es dauern, bis

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das kompensiert ist?

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Und das spuckt mir die Rechnung aus.

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Ja, wenn du jetzt für jeden Baum, den

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du da fällst, wieder einen neuen pflanzt, dann

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dauert es ungefähr 120 Jahre, bis das Kohlendioxid,

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was durch die Verbrennung in die Atmosphäre entlassen

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wurde, wieder kompensiert ist.

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Da muss ich erstmal kurz überlegen, Moment, das

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kann ja eigentlich nicht sein, die sind doch

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nur 60 Jahre gewachsen, die Bäume.

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Und dann wird das Ganze ein bisschen komplexer,

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weil dann muss man zum Beispiel gucken, dass

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so ein Baum in seinem Lebensverlauf nicht kontinuierlich

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die gleichen Mengen an Kohlendioxid aufnimmt und bindet.

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So ein kleiner Baum, der jünger als 10

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Jahre ist, der bindet relativ wenig Kohlendioxid, dann

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kommt die eigentliche Wachstumsphase, wo er relativ viel

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Kohlendioxid bindet, und dann wenn er älter wird,

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dann wächst er wieder langsamer und dementsprechend bindet

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er dann auch wieder weniger Kohlendioxid.

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Das muss man erstmal im Kopf haben und

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dann macht es logischerweise bei mir auch Klick,

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okay, wenn ich also heute einen Baum fälle

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und jetzt einen neuen Baum dafür pflanze, dann

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dauert das ja erst 10 Jahre, bis er

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überhaupt mal anfängt, nennenswerte Mengen Kohlendioxid zu binden.

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Und in diesen 10 Jahren hat der Baum

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angefangen, also in der Zeit wirkt erstmal das

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Kohlendioxid, was ich da gerade verbrannt habe.

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Und, noch einen Schritt weiter gedacht, in diesen

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10 Jahren verheize ich ja jedes Jahr drei

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Bäume.

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Also das ist eine ganze Menge Kohlendioxid, was

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ich in die Atmosphäre puste und was ich

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durch Neupflanzung erstmal gar nicht neu binden kann.

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Die Rechnung kann man dann einfach jetzt auch

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noch ein bisschen weiter treiben und einfach mal

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so ausrechnen, wie viele Bäume müsste ich denn

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jetzt pflanzen, damit ich innerhalb von 10 Jahren

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das irgendwie wieder kompensiere.

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Und da kommt man dann, glaube ich, pro

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Baum, dem man fällt, dass man da irgendwie

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30 bis 40 Bäume pflanzen müsste, um schnell,

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in Anführungszeichen, innerhalb von 10 Jahren hier eine

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Kompensation überhaupt wieder in Gang zu bringen.

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Und das wiederum führt zu dem Gedanken, okay,

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wenn ich für jeden gefällten Baum, den ich

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dann verbrenne, so viele Bäume pflanzen muss, ja,

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wo soll ich die denn hinpflanzen?

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Die brauchen ja auch Platz, die brauchen ja

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auch Licht, die brauchen Raum, die brauchen gesunden

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Boden dafür.

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Das geht überhaupt nicht.

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Und in dem Moment wird für mich eigentlich

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klar, ein Holzkamin, ein Holzofen zum richtigen Heizen

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ist eine blöde Idee.

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Ist eine blöde Idee im Sinne von, das

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ist nicht regenerativ, das ist extraktiv, weil ich

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entnehme so viele Ressourcen, also wenn ich das

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hochskaliere auf viele Haushalte, die vielleicht mit Holz

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heizen wollen, dann extrahiere ich hier ganz viel

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Biomasse aus dem Ökosystem, die dem Ökosystem nicht

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mehr zur Verfügung steht.

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Und die gleichzeitig noch durch das Verbrennen und

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das freigesetzte CO2 dem Klima schadet.

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Das ist extraktives Handeln.

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Das ist extraktive Nutzung eines Ökosystems.

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Ist nicht regenerativ.

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Das soll jetzt bitte nicht heißen, oh mein

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Gott, wie böse, Lagerfeuer oder der Kamin, den

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man sich einmal die Woche anmacht.

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Das soll das nicht heißen.

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Das ist, denke ich, völlig in Ordnung.

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Ja, klar müsste man jetzt vielleicht rechnen und

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wie schlimm ist es inzwischen, wie kritisch ist

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die Situation.

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Das kann, sollte, muss man sich vielleicht auch

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vor Augen führen noch an der Stelle.

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Aber grundsätzlich soll das nicht der erhobene Zeigefinger

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sein von, oh mein Gott, macht nichts mehr,

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was Spaß macht mit Holz und Feuer.

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Das soll und muss es nicht sein.

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Jetzt fängt es hier gerade an zu regnen.

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Hört auch irgendwie zu dem Ökosystem dazu.

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Ich muss mal ganz kurz gucken, dass ich

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mir mal einen anderen Platz suche.

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Weil das Schöne an so einem Ökosystem, an

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so einem Wald ist ja, dass da Bäume

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wachsen.

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Und wenn jetzt nicht mehr Winter ist, haben

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die eine coole Eigenschaft.

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Die kriegen nämlich Blätter und die Blätter sorgen

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dafür, dass es unter den Bäumen erst mal

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trocken bleibt.

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Das ist, glaube ich, auch ganz gut so.

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Da kann ich mich jetzt nämlich hier unter

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eine schöne große Birke setzen.

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Das wird jetzt nur ein paar Minuten dauern,

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bis ich hier nass werde und ich kann

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den Podcast noch fertig aufzeichnen.

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Ich will gerne noch den Bogen kriegen.

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Warum ist denn jetzt eigentlich ein Wald als

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solches ein regeneratives Ökosystem?

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Ein Wald als solches ist erst mal ein

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regeneratives Ökosystem, weil der Wald seiner Umgebung keine

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Ressourcen dauerhaft entzieht und diese vernichtet.

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Also der Wald entzieht maximal, wenn man es

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jetzt so betrachten will, entzieht der Kohlendioxid aus

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der Atmosphäre.

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Und entzieht einerseits zwar Nährstoffe aus dem Boden,

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aber die verschwinden nicht.

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Die bleiben in dem System drin, weil es

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ist ein geschlossenes System.

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Und als geschlossenes System gilt innerhalb des Systems

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der Energieerhaltungssätze.

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Das ist grundlegende Physik, die wir alle mal

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irgendwann in der Schule hatten.

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Innerhalb eines geschlossenen Systems kann Energie weder entstehen,

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noch kann sie verschwinden.

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Sie kann dem System grundsätzlich entweichen, wenn das

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System nicht dagegen gesichert ist.

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Dann kann Energie logischerweise entweichen und sie kann

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von außen auch wieder zugeführt werden.

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Aber ganz grundsätzlich ist innerhalb eines geschlossenen Systems

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das Energielevel, was da drin vorhanden ist, stabil.

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Und das trifft einfach auf den Biotop zu.

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Da drin wachsen Pflanzen, die konsumieren aus der

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Luft, die quasi eine Energiezufuhr ist in dem

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Sinne des Kohlendioxid.

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Die kommt ja immer wieder dazu.

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Es kommt auch Wasser von außen in das

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System hinzu.

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Sei es durch Regen, sei es durch unterirdische

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Wasserbewegungen.

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Und so ist das im Grunde eigentlich trotzdem

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ein geschlossener Kreislauf.

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Weil alle Nährstoffe, die aus dem Boden entzogen

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werden, die gehen ja irgendwo in das Wachstum

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der Pflanze hinein.

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Die werden entweder mit Holz eingebaut, die Fasern

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mit eingebaut, die Früchte mit eingebaut.

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Und wenn eine Pflanze stirbt oder auch wenn

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ein Tier stirbt innerhalb des Ökosystems, dann werden

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diese Nährstoffe auch wieder freigesetzt.

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Dafür gibt es Bodenbakterien, die die Nährstoffe dann

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wieder aufschließen, die den Boden wieder zur Verfügung

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stellen, wo sie wiederum von den Pflanzen aufgenommen

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werden.

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Also das ist ein großer regenerativer Kreislauf, der

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da drin existiert.

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Ein massives System von Nährstoffentnahmen, Nährstoffrecycling.

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Es ist ein geschlossenes System, was am Ende

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keine Energie verliert und keine Rohstoffe verbraucht.

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Warum?

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Weil eben alles in diesem System drin ist.

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Und wir Menschen durchbrechen permanent diese Systemgrenzen, indem

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wir eben sagen, zum Beispiel wieder das Thema

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Holz.

22:40

Wir nehmen Holz aus dem Wald raus und

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benutzen das für unsere Zwecke.

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Wir bauen damit, wir verfeuern das, wir schreddern

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das, um es zu kompostieren.

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Wir machen da irgendwie Dinge damit und bei

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diesen Dingen denken wir halt oftmals nicht so

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daran, ob das, was wir da gerade tun,

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eigentlich noch im Sinne eines regenerativen Ökosystems ist.

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Das ist ein bisschen schade.

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Und wenn man jetzt hier noch viel weiter

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rauszoomt, dann werden einem bestimmte Fälle einfallen, Dinge

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einfallen, dass wir das nicht nur mit einem

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Wald machen, sondern dass wir das auch in

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unserer Gesellschaft so tun.

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Dass wir in Unternehmen arbeiten, dass wir unsere

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Arbeitskraft zur Verfügung stellen und dabei überhaupt nicht

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überlegen, ob das, was wir da machen, überhaupt

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regenerativ ist.

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Ob das überhaupt dem Selbsterhalt des großen Ganzen

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dient.

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Das ist eigentlich eine ziemlich interessante Perspektive, auf

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die man da einfach mal so vielleicht mit

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diesem Gedanken, okay, wie macht denn das die

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Natur?

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Weil die behält alles im Prinzip in sich

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drin, das ist ein geschlossenes System, in dem

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ganz viel Austausch stattfindet, aber wo auch nichts

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verschwindet.

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Und ich habe fast manchmal das Gefühl, gerade

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während ich das jetzt hier für den Podcast

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einfach so erzähle, dass wir Menschen uns des

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Energieerhaltungssatzes gar nicht mehr bewusst sind und uns

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gar nicht mehr bewusst sind, dass alles endlich

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ist.

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Dass Ressourcen eigentlich nicht endlich sind und nicht

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endlich sein müssen, wenn wir sie so einsetzen,

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dass am Ende alles wieder aufbereitet werden kann,

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alles wieder einem neuen Zweck zugeführt werden kann.

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So wie das eben ein Wald oder ein

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Ökosystem macht.

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So macht das im Grunde auch diese Wiese

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hier, auf der ich hier sitze, die jetzt

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gerade schön eingeregnet wird.

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Die hat durch das Wachstum von Pflanzen, durch

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die Zusammensetzung der Arten, die hier sind, hat

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hier ein Ökosystem geschaffen, in dem es Obstbäume

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gibt, in dem es Laubbäume gibt, wenige Nadelbäume

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gibt es hier, es gibt hier eine Vielzahl

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von Gräsern, von Kräutern.

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Hier gibt es Füchse, hier gibt es Hasen,

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Rehehirschen hier durch, es gibt Zauneidechsen, ganz viele

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Insekten, ganz viele Vögel.

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Und das ist ein Ökosystem, was einen unglaublich

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tollen Lebensraum bietet.

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Und was Mensch jetzt hier gemacht hat, ist

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eine große Störung reinbringen, nämlich aus irgendeinem Grund,

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der sich mir bis jetzt nicht erschließt, ganz

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viel Pflanzen einfach mal weggehackt.

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In einem für Pflanzen unglaublich hohen Tempo.

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Dann das grobe Holz entfernt, ich vermute, um

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es zu verfeuern, und das kleine Holz auch

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noch kleiner gemacht, kleingeschreddert und auf einen Haufen

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geschmissen, wodurch eine große Imbalance in diesem System

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passiert.

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Das ist eigentlich sehr schade, und ich würde

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mir einfach wünschen, dass wir Menschen in Zukunft

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ein bisschen besser darüber nachdenken, was wir einfach

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auch mit unserer Umgebung machen.

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Uns zum Beispiel fragen, ist es notwendig, diese

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Hecken hier wegzumachen?

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Ist das schlimm, wenn die groß wachsen?

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Und wenn wir sie wegmachen, vielleicht nicht noch

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den Schritt zu gehen und zu sagen, ich

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häcksel das jetzt auch noch klein.

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Weil dadurch beschleunige ich Verrottungsprozesse, zerstöre noch mehr

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Lebensraum.

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Ist jetzt gerade ein bisschen deprivolkig geworden, habe

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ich fast das Gefühl, aber eigentlich ist es

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hier trotzdem noch sehr schön.

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Gerade jetzt im Frühling sieht man einfach wieder,

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dass hier superschnell Erholungsprozesse eintreten und die Natur

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nicht sagt, boah, da kam der Mensch, alles

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ist doof.

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Nö, die Natur sagt, boah, da war eine

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Störung, wir haben jetzt andere Bedingungen, hier ist

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jetzt viel mehr Licht, viel mehr freie Fläche.

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Das muss ganz schnell wieder beschattet werden, damit

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der Boden nicht austrocknet.

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Wir müssen jetzt ganz schnell überall wieder kleine

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Pflänzchen austreiben, neue Heckenpflanzen, so buschige Pflanzen werden

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wachsen, um wieder Bodenbeschattung darzustellen.

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Und die Pflanzen, die jetzt hier noch wachsen,

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die haben jetzt halt mehr Licht und können

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die halt vielleicht ein bisschen mehr wachsen.

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Die haben vielleicht an der einen oder anderen

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Stelle jetzt auch einen Nährstoffüberschuss, den sie nutzen

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können.

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Und die machen eben weiter.

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Ich sitze hier ja, jetzt sitze ich in

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der Birke, daneben steht ein großer Apfelbaum.

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So groß war er auch nicht, vielleicht 15,

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20 Jahre oder so, aber der blüht vom

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kleinsten Ast unten bis hoch zum größten.

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Höchsten ist der voller Blüten gerade.

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Und das ist das, was ich hier eigentlich

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mitnehme, wenn ich jetzt die Podcastaufzeichnung beende.

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Dass hier ganz viel kaputt gegangen ist und

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wächst halt einfach wieder zu.

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Das System sagt halt, okay, ich muss mich

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wieder regenerieren.

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Muss halt gucken, wie ich mit dem, was

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ich jetzt an Ressourcen hier vielleicht verloren habe,

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doch schnell wieder in die Gänge komme und

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mich selbst wieder stabilisieren kann.

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Und ich glaube, dass können wir als menschliche

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Gesellschaft, wenn wir ein bisschen mehr auf die

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Natur gucken, dann können wir als menschliche Gesellschaft

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das auch, uns wieder regenerieren, uns stabilisieren

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und in eine gute Zukunft kommen.

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In dem Sinne, ich danke euch total fürs

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Zuhören.

29:16

Das ist jetzt ein bisschen eine längere Folge

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geworden.

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Ich lasse euch mal noch ein bisschen, ich

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weiß gar nicht, ob man den Regen hört,

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muss ich nochmal reinhorchen.

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Ich lasse euch noch ein bisschen Regen und

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Vogelgezwitscher und freue mich dann, euch bei der

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nächsten Folge vielleicht wiederzuhören oder zwischendurch auch einen

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Kommentar von euch zu bekommen.

29:34

In dem Sinne, macht's gut, euer Hanjo, heute

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vom Feldrand.

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Ciao!